Wenn klein sind schreiben wir ihnen Liebesbriefe im Mutter Kind Kurs. Wie sehr sie unsere Wunder sind, wie toll sie sind und wie geliebt sie sind. Damit wir es nicht vergessen. Und dann, kommt die nackte Wahrheit. Trotzphase, Kapitalismus, Alltagssorgen. Wir wollen arbeiten, damit es unserem Kind “besser geht”
Mich fasziniert das schwedische Erziehungs- und Lebensmodell seitdem ich kritisch denken kann. Die Bildungsreise einer Bekannten, die in einem Frauenbildungszentrum arbeitet, hat mich motiviert, ihr ein paar Fragen zu stellen, und mir auch ein paar Fragen zu beantworten. Als Pädagogin bin ich begeistert von der Wertschätzung die dem Beruf und den Kindern gegeben wird, als Mutter bin ich begeistert von der Unterstützung die durch Staat und Wirtschaft kommt. Als Frau verstehe ich die Möglichkeiten, die einem in Bezug auf Weiterbildung, Karenz, und Kinderbetreuung gegeben werden, als tatsächliche Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt. Aus Kinderperspektive bieten Bildung und hochwertige Betreuung viel Qualität, und sie werden gehört, wie zB durch einen eigenen Kinderanwalt bei Trennung der Eltern.
Wir lernen unser Leben lang, es ist einer unserer tiefsten Wünsche uns zu entwickeln. Die Schweden haben das verstanden.
Die Fragen deren Antworten ich selber recherchiert habe, bzw auf die mir meine Bekannte Antworten gab, werden nachfolgend als F gekennzeichnet, die Antworten als A:
F: Ab welchem Alter und in welcher Gruppengröße gibt es Kinderbetreuung in Schweden? Öffnungszeiten, Flexibilität bei der Betreuung, bieten die Betreuungsmodelle Platz für Kreativität, freie Entfaltung?
A: Nach dem ersten Lebensjahr gibt es in Schweden Kinderbetreuung. Diese kann normal über den Tag erfolgen, bietet aber auch die Möglichkeit Schichtdienste und Nachdienste abzudecken, an. Kindergartenwechsel unter dem Jahr sind möglich. Es werden regelmäßige Gespräche mit den Eltern geführt, die Gruppen und deren Aktivitäten sind transparent für die Eltern. Es wird spielerisch gelernt, und genügend Freiraum für individuelle Prozesse gelassen. Bei den Kleinkindgruppen kommt auf 5 Kinder 1 Pädagoge/Fachkraft, die Inhalte werden geschlechterneutral gestaltet, und die Kinder werden motiviert selber mit Geschlechterklischees aufzubrechen (Banales Beispiel, warum nur rosa Becher für die Mädchen?).
F: Wenn die Kinder die ganze Zeit betreut werden, wird Erziehung in Schweden also nur von Pädagogen übernommen, oder werden die Eltern nur in ihrer Erziehungspflicht unterstützt?
A: Obwohl es üblich ist, in Schweden die Kinder ab dem ersten Lebensjahr in Betreuung zu geben, ist es genauso selbstverständlich, dass Eltern in der verbleibenden Zeit hochwertig und qualitativ für ihre Kinder da sind.
Die Institutionen sind so organisiert, dass sie die Eltern entlasten. Es gibt bspw. Betreuungsinstitutionen bei denen die Eltern Abendessen, oder Frühstück mitnehmen können, um das dann gemeinsam zuhause mit ihren Kindern zu genießen. Im Grunde übernehmen die Profis einen Teil der früher durch die Großeltern, bzw Familie übernommen wurde. Insofern wird das Kind professionell gefördert, aber auch genügend Freiraum zur Entfaltung gelassen. Des Weiteren werden die Eltern so unterstützt, dass der ganze restliche Tag nicht nur mit unbezahlter häuslicher Arbeit verstreicht, sondern der Familie dienen kann. Wie sehr das Kind im Zentrum steht, merkt man zB an der Tatsache, dass Kinder im Fall einer Trennung einen eigenen Kinderanwalt bekommen, der dessen Bedürfnisse vertritt, und auch keiner der beiden Elternteile weiter weg ziehen darf. Denn das Kind hat das Recht auf beide Eltern!
F: Wie wird der Wiedereinstieg bei Müttern unterstützt.
A: Es ist nicht notwendig einen „Wiedereinstieg“ zu unterstützen. Schon in der schwedischen Sprache gibt es zB gewisse Wörter wie Rabenmutter, Wiedereinsteiger, Hausfrau nicht. Es ist klar, dass beide Elternteile arbeiten. Arbeit hat in Schweden einen hohen Stellenwert. Das heißt, nachdem jemand ein Kind bekommen hat, geht sie einfach nach spätestens einem bis eineinhalb Jahren wieder arbeiten. Des Weiteren gibt es Karenzmodelle, bei denen sich die Eltern die Karenz gleichermaßen teilen. Meine Bekannte erzählte mir, dass sie noch nie soviele Männer mit Kinderwagen gesehen hatte, wie in Schweden. Außerdem ist der Pflegeurlaub ungleich höher als in Österreich, 120 Tage im Jahr, und wird staatlich finanziert. Ein krankes Kind ist für den Dienstgeber kein Grund jemand nicht einzustellen, oder sogar zu kündigen.
F: Gibt es mehr Teilzeitarbeit in Schweden?
A: Nicht in dem prekären Ausmaß wie teilweise in Österreich. Geringe Stunden, wenig Geld, Abhängigkeit von Partner oder Amt. Teilzeit ist eher im Rahmen von 30 Std. zu verstehen. Das Besondere ist dabei aber, dass sich diese Teilzeitmodelle besser verteilen. Wenn in Österreich der Mann 50 Stunden arbeitet, und die Frau 10 Stunden dann ist die Gesamtleistung bei 60 Std. In Schweden wird häufiger die Lösung herangezogen 30 Std. für jeden.
Es gibt auch Elternteilzeitlösungen bis die Kinder 8 Jahre sind.
F: Sind Frauen in leitenden Positionen zu finden?
A: Vor allem in politischen Ämtern sind Frauen zu finden. 43% sind weiblich besetzt. Ein Job in der Politik ist als normaler Beruf zu verstehen. Am Ende des Tages können die Politiker nach Hause gehen und müssen nicht zum x-ten Feuerwehrfest um sich sehen zu lassen. Daher sind diese Berufe auch gut mit Familien vereinbar. Politik arbeitet in Schweden, und macht keine Machtspielchen unter dem Stammtisch.
F: Gibt es sowas wie Frauenarmut aufgrund Trennung, Alleinerziehende die ums Überleben kämpfen müssen?
A: Prinzipiell haben nach einer Trennung beide Teile dieselben Rechte. Es wird primär fürs Kindeswohl entschieden. Die Eltern sollten in der Nähe bleiben, dass bedeutet die Verantwortung die man sich zuvor geteilt hat, trägt man weiterhin nicht alleine. Es gibt keine Unterhaltzahlungen, oder Witwenpension, allerdings schlicht und einfach aufgrund der Tatsache, dass es normal ist, als Frau zu arbeiten. In Österreich gelten bei etwa 34% der Alleinerzieherinnen Frauenarmut. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Betreuungseinrichungen nicht auf Bedürfnisse wie Schichtarbeit, Wochenenddienste u co eingestellt sind. Ein uneingeschränkter Zugang am Arbeitsmarkt ist für eine Frau, die ein oder mehrere Kinder alleine groß zieht, allein durch diese Tatsache schon beschränkt.
F: Verdienen Frauen in Schweden gleich viel wie Männer?
A: Die Frauen liegen bei den Gehältern 86% im Vergleich zu den Einkommen der Männer relativ gut (74% in Österreich). Auf den Unis findet sich 63% Frauen, und 37% Männer. Ausbildung und Arbeit hat einen sehr hohen Stellenwert in Schweden.
Viele Firmen wollen bewusst Frauen einstellen, bzw gibt es auch viele Mentoringprogramme.
Mein Fazit:
Nach dem Gespräch mit meiner Interviewpartnerin war ich begeistert und fasziniert. Als Pädagogin, Mama und Arbeitssuchende. Ich habe bis dato leider die Erfahrung gemacht, dass ich aufgrund der Tatsache, dass ich ein zweieinhalbjähriges Kind habe, schon im Vorfeld, trotz guter Qualifikationen, aussortiert werden. Mir wurde auch schon ehrlich gesagt, dass ich einen Job nicht bekommen habe, weil es ja als Mama allein mit Kind wohl schwer ist, Schichtdienst zu machen. Und von fünf Gesprächen werde ich in vier danach gefragt, wie es mit der Familienplanung aussieht (obgleich diese Frage sowas von unzulässig ist).
Aber Schweden zeigt, dass es anders geht, obwohl die Frauen so schnell wieder arbeiten, ist die Geburtenrate in Schweden höher als in Österreich. Warum wohl? Ich kann die Frage für mich gut beantworten, wenn ich weiß, dass mein Kind gut versorgt ist, dann kann ich auch beruhigt arbeiten. Kann mein Bestes für meinen Dienstgeber geben, und nach Feierabend mein Bestes für mein Kind. Mir ist klar, dass auch Schweden nicht das gelobte Land ist, und Leistung auch ihren Preis fordert, aber zumindest versuchen sie diese Leistung nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen.
Ganz ehrlich, auch wenn sie dunkle Winter haben, aber bietet mir jemand in Schweden einen Job an, dann denk ich wirklich darüber nach ?!
Das Zitat meiner Bekannten bleibt als Fazit hängen “In Österreich haben Kinder eine Mutter, in Schweden haben sie Eltern”.
QUELLEN
http://www.schwedenstube.de/kindergarten/
http://www.mamiweb.de/familie/kinderbetreuung-in-schweden/1
http://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5012626/Schweden_Kinderkriegen-leicht-gemacht
http://www.schweden-seite.de/auswandern_kinderbetreuung_in_schweden.html
http://www.zeit.de/2014/08/vereinbarkeit-familie-beruf-deutschland-skandinavien
Yeap! Finland Will Become The First Country In The World To Get Rid Of All School Subjects
Die nahende Krippeneingewöhnung meines Sohnes ist mit vielen Gefühlen verbunden , die seine neue Selbstständigkeit betreffen. Aber auch für mich wird sich da wieder viel tun. Nach zwei Jahren Mamapause darf ich mich wieder in die Arbeit stürzen. Und da taucht für mich die Frage aller Fragen auf. Zurück ins Alte, oder den Schritt in was Neues wagen. Und ist das Neue etwas Vertrautes, oder hat mich meine Zeit als Mama so verändert, dass auch meine berufliche Perspektive sich geändert hat?
Ich denke da an L., sie ist in ihren alten Job zurückgegangen, merkt aber, dass sie trotz geringerem Stundenausmaßes mit dem was sie bisher gemacht hat, nicht glücklich ist. Klar, den Job macht sie weiter, als Alleinerzieherin hat sie nicht die Wahl, aber in ihrem Kopf reifen Pläne sich umzuorientieren. Wenns Kind dann mal größer ist.
Ich habe noch eine Bildungskarenz bis Dezember, aber spätestens dann muss ich mich entscheiden. Kürzlich habe ich meine berufliche Laufbahn mal Revue passieren lassen. Und das Resüme hat mich nachdenklich gestimmt. Von 20 Arbeitsjahren war ich etwa 15 nicht wirklich glücklich in meinem Job. Ich habe gearbeitet, weil man das so macht, weil man damit Geld verdient, aber nicht umsonst habe ich immer wieder mal Dienstgeber gewechselt, immer in der Hoffnung das es dann anders ist. Diese 15 Jahre waren hauptsächlich Administrationjobs in Büros. Nett, überschaubar, von neun bis fünf, sogar mal mit Bonuszahlungen. Aber all das konnte mich nicht trösten. Ich saß da an meinen Schreibtischen, tippelte Zeug in den Computer und spürte die zischende Schlange, die mir immer wieder zuwisperte, “ist das was du willst?”.
Mittlerweile weiß ich, dass wir in unserer beruflichen Laufbahn nicht nur mehr einen Weg gehen. Einen Dienstgeber für zwanzig Jahre zu haben ist selten, es ist okay geworden, sich das beste aus den Jobs zu holen und dann zu wechseln. All diese Jobs prägen uns dann in unserem weiteren Weg. Und geben jedem ein ganz eigenes Puzzle an Qualifikationen mit.
Und dann ist da noch das Muttersein. Ich spüre es hat mir auch eine ganz eigene Kraft gegeben. Vielleicht hat mich die sogar mein Kind gelehrt. Jeder Tag ist eine neue Möglichkeit zu lachen, zu weinen, etwas neues in der Welt zu erobern, für Kinder gibt es keine Kompromisse (was so manchmal deren Eltern an die Grenze bringt). Ich werde natürlich arbeiten, aber ich werde das tun was ich gerne mache. Was hilft mir der bestbezahlteste Job wenn ich in eine Krise schlittere. Arbeit soll doch auch Freude machen. Soll uns anspornen das Beste zu geben.
Und so ist der Krippenstart nicht nur für meinen kleinen Prinz etwas Neues, etwas das er noch nicht kennt. Wir werden uns beide erst orientieren müssen, herausfinden was uns gut tut, und was nicht, und im besten Fall werden wir dann jede Menge Spaß haben, da wo wir sind.