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Mitmenschlichkeit

Wiederholt sich wirklich alles – oder haben wir es doch in der Hand?

on 9. November 2016

Heute in der Früh hatte ich einen Beitrag über den Balanceakt Mama-Arbeit-Deadlines-vs-Kindergarten geplant. Aber dann kam auch ich an den Nachrichten nicht vorbei, und machte mir aus den FB Meldungen anderer Leute meinen Wahlergebnis-reim.

Amerika hat also gewählt. Jemand den man niemals für relevant gehalten hätte. Es stehen so viele Fragezeichen im Raum und keiner weiß was nun passiert. Was – oder wen – haben sie wirklich gewählt, eine Marionette, einen Kriegsherrn, einen Friedensstifter? Der Wahlkampf beider Kandidaten war eine menschliche Show unter der Gürtellinie bei der es nur mehr darum ging, dem anderen ans Bein zu pissen. Da hat wohl Trump besser schlecht geredet. Von Inhalten war kaum was zu hören, von Visionen oder Mitmenschlichkeit fehlte jede Spur.

Ich sags ehrlich. Ich mochte Barack Obama, einen Staatsmann, der zumindest versuchte das Beste für die Amerikaner rauszuholen. Ein Mensch mit Manieren und einem Gefühl für soziale Gerechtigkeit (auch wenn es in Amerika so etwas kaum gibt). Irgendwie ja auch egal, denkt man sich, weil das ist ja übern Teich. Aber so egal ist es leider nicht. Denn wir sind auch nicht viel besser. Beispielsweise steht bei uns eine Bundespräsidentenwahl an, die durch einen Kandidaten dominiert wird, der kein Problem damit hat, Hassreden zu verteilen, oder zu provozieren durch Kriegsansagen. Sollte ein Bundespräsident nicht vermitteln, beruhigen, und darüber stehen? Ist das nicht irgendwie die väterliche Figur des Staates? Wollen wir jetzt auch einen Dokusoap Darsteller, der uns eine farbenprächtige Show liefert?

Wir werden am 4. Dezember beweisen, ob wir so viel besser sind als die Amerikaner. Und ich lass mich auf keine Analysen mehr ein. Denn wenn mir die politischen Entwicklungen etwas gelehrt haben, dann das, dass Prognosen nur verwirren und nichts helfen.

Warum wir uns jetzt wieder an derselben Stelle wie vor 100 Jahren befinden? Man denke zurück an die Zeit vor den zwei Weltkriegen, wirtschaftlich und gesellschaftlich ging es um ähnliche Themen. Es wurde mit Angst kokettiert, es wurde Druck erzeugt, man müsse etwas ganz anders machen. Dabei wurde aber leider übersehen, dass Krieg und Grenzzäune nur einer Partei dient, und zwar der (Kriegs)Wirtschaft, der (Waffen)Industrie die dahinter steckt.

Ich war heute auf der Uni, und als über die Ergebnisse der US Wahl gesprochen wurde, lief mir nur mehr ein kalter Schauer nach dem anderen über den Rücken. Und da saß ich nun, und versuchte zu sagen „Hey, wenn ihr es anders wollt, dann müsst ihr dafür einstehen, lasst euch nicht zu jemand erklären, der ihr nicht seid, zeigt dass es anders geht“. Und dann kam wieder der klassische Satz „Aber was willst denn dagegen tun, als einzelner Mensch“. Das ist die Aussage die ich nicht gelten lassen kann. Jeder kann etwas tun, jeder hat ein Wahlrecht und eine Stimme, die er erheben kann. Jeder kann Mitgefühl und Respekt zeigen, dazu braucht es keine Wahl. Zu sagen man könne nichts tun, ist vielleicht sogar noch tragischer als eine Partei zu wählen, die offensichtlich nur mit Hetze und Angst arbeitet. Denn dann verschenkst du deine Stimme. Du schaust zu, wie aus deinem Land eine Festung von Kleinbürgern wird, du verschließt Augen und Ohren in der Hoffnung, dass du nichts mehr mitbekommst. Aber das kannst du nicht. Und es geht auch nicht. Denn du lebst in diesem Land, dass sich angeblich dafür entschieden hat. Auch wenn du das nicht gewählt hast. Wenn du nicht gewählt hast, dann hast du deine Stimme missbrauchen lassen.  Dein Leben wird nicht besser, wenn du dir selber die Macht nimmst, deine Stimme zu erheben. Du wirst jeden Abend vor der ZIB sitzen, oder deine Zeitung lesen, und jammern, dass du nichts zu sagen hast, bis du es glaubst und aufgibst. Und das ist das Schlimmste, was du tun kannst. Verstummen. Damit gibst du den Menschen den Raum dich und deine Meinung zu übertönen. Sag nicht, du kannst nichts tun. Du kannst wählen, du kannst dich engagieren bei den Themen die dir wichtig sind. Du kannst und sollst deine Meinung vertreten dürfen, noch sind wir ein freies Land. Aber damit es so bleibt, müssen gerade die Leisen laut werden. Denn die Lauten muss mal jemand auf ihre Plätze verweisen.

Und ob nun zu den Ergebnissen in Amerika, oder zu unseren eigenen politischen Bewegungen kann ich nur zwei Dinge sagen

YOU HAVE A VOICE – USE IT

BE THE CHANGE YOU WANT TO SEE IN THE WORLD 

Wir haben die Welt von unseren Kindern nur geborgt, welche Welt wünschen wir ihnen. In welcher Welt sollen sie leben. Wenn wir schon aufgeben, warum sollten sie dann noch kämpfen, wozu? Wenn wir ihnen lehren, ungefragt alles hinzunehmen, Radikalität und Hass als Lappalie zu betrachten, dann formen wir ihre künftige Gesellschaft. Wollen wir ihnen nicht eine Welt schenken, in der Respekt und Wertschätzung herrscht? Das hat nichts mit zuckerlrosa Wolken zu tun. Und selbst wenn – schau dir den Himmel an – es gibt manchmal zuckerlrosa Wolken, weil unsere Welt ein Wunder ist. Also – wenn das existiert, dann können wir genauso eine Gesellschaft schaffen in der Mitmenschlichkeit und Wärme existieren. Tu nicht so als wäre es nicht möglich, denn wenn wir das Gegenteil erschaffen konnten, dann können wir wiederum das andere Gegenteil genauso schaffen!

© katharina gindra-vady, oktober 2016
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