Wenn klein sind schreiben wir ihnen Liebesbriefe im Mutter Kind Kurs. Wie sehr sie unsere Wunder sind, wie toll sie sind und wie geliebt sie sind. Damit wir es nicht vergessen. Und dann, kommt die nackte Wahrheit. Trotzphase, Kapitalismus, Alltagssorgen. Wir wollen arbeiten, damit es unserem Kind „besser geht“
Mein Kind kommt in die Krippe. Tolle Sache denk ich mir. Ist es auch. Aber obwohl – oder vielleicht, weil – ich es studiert habe, mach ich mir viele Gedanken vor diesem neuen Abschnitt.
Eine andere Mama hat den treffenden Satz dazu gefunden „Irgendwie ist die ganze Situation ein bissel schizophren“. Da stimm ich zu. Ich weiß meinem Kind wird die Zeit im Kindergarten/Krippe gut tun. Er wird Spaß haben, Freunde finden, sich in Gruppen behaupten, Kreatives lernen und neue Strukturen lernen. Aber die Hippie-braut in mir schreit. Was, jetzt willst du dein Kind schon dem rigorosen System unterwerfen? Was ist mit Freiheit, und Entfaltung, warum lässt du ihn nicht einfach selber wachsen und seine Flügel finden. Muss er sich jetzt schon einfügen in das System, essen wenn alle essen, schlafen wenn alle schlafen, spielen wenn alle spielen. Wo ist da die Freiheit, die Entdeckung des Lebens selbst?
Und ich verstehe die Hippie-braut in mir. Die hat Angst. Sie befürchtet ,dass dieses wundervolle Kind dass wir haben (ich weiß schon, wir haben alle wunderbare Kinder), vielleicht ein bornierter Bürohengst wird, nur weil es zu früh gelernt hat, dass Regeln das Leben schreiben. Aber ich kann meine innere Hippie-braut beruhigen. Nur weil mein Kind in eine pädagogische Institution geht, muss es nicht automatisch einen Kasernenton lernen. Es kann auch einfach Spaß machen. Er kann auch Freude daran haben, Routinen, Gruppendynamiken, neue Welten zu erobern. Es wird ihm voraussichtlich auch Spaß machen, all die Spiele und Kreativität zu entdecken. Als Mutter kann ich ihm einfach vieles nicht bieten, was eine professionelle Betreuung kann. Aber ich kann ihm mit diesem Schritt zeigen, dass er beides haben kann, Freiheit und Regeln. Und das allerwichtigste bei dieser Lebensetappe, ich gebe ihm Liebe und Geborgenheit, und somit Sicherheit. Wenn ich also ruhig bin, und mit mir im Reinen, dann wird auch er für sich das Beste aus den Dingen holen.
Kinder lernen am Vorbild. An meinem Vorbild als Mutter. An dem des Vaters. Aber auch an all den Umgebungen denen sie länger ausgesetzt sind. Mag sein, dass ich die Routinen in pädagogischen Institutionen lästig finde. Aber ich weiß auch, dass es ohne die nicht geht. Weder in der Profession als Pädagogin, noch in irgendeiner Gruppe. Das hat aber gar nichts damit zu tun, dass wir unsere Kinder schon heute an die Arbeitswelt von morgen gewöhnen müssen (ich muss innerlich sehr laut lachen bei der Argumentation).
Sondern weil eine Gruppe von Menschen, egal wie jung oder alt sie sind, Organisation erfordert. Weil alle Individuen, wenn sie auf einem Haufen sind, dazu tendieren laut zu schreien, damit man sie hört.
Und darum kann ich nur sagen, es wird ihm gut tun, dieser regelmäßige Krippenbesuch.
Weil es Sicherheit gibt, sich auf Rituale und Routinen im pädagogischen Alltag einzulassen.
Weil Kinder gerne lernen, und wir als Eltern ihnen auch die Flügel geben müssen. Es ist unsere Pflicht sie los zulassen und bei dem Prozess zu begleiten. Wenn sie herausfinden, was ihnen gut tut.
Und das werde ich jetzt tun. Ich habe fix vor mein Kind dabei zu unterstützen, ihm zu zeigen und vorzuleben, dass dies ein Teil unseres Lebens ist. Dass er da etwas lernen kann, dass ich ihm in dieser Form nicht beibringen kann, und dass neue Dinge lernen jede Menge Spaß machen kann.
Und meine inneren pädagogischen Dämonen muss ich schön selber anschauen, denn für mein Kind ist es nicht dienlich, wenn ich meine Systemkritik an ihm weiterführe. Ich bin auch ehrlich sehr dankbar für diesen Krippenplatz, wir haben da eine total feine Gruppe mit einem richtig guten Betreuungsschlüssel gefunden, und alle Pädagoginnen wirken nett, und sehr am Kind und seinen Entwicklungsstadien orientiert. Ich wäre nicht überrascht, wenn mein Sohn nach einer Woche schon an der Tür tschüss sagt, weil er mehr als bereit ist, sich auf diese „Krippensache“ einzulassen. Naja und dann, dann muss ich mal schauen, dass ich wieder mal auf mich konzentrieren darf. Das alleine ist schon einen eigenen Beitrag wert, denn all zu irritierend fand ich das Gefühl, dass ich nach fast zwei Jahren nun plötzlich mehrere Stunden ohne schlechtes Gewissen für meine Angelegenheiten aufwenden kann.
Und so ist die Krippe für uns beide riesig aufregend und ein neuer Lebensabschnitt im Mama-Kind-Leben.
© katharina gindra-vady, september 2016
Die nahende Krippeneingewöhnung meines Sohnes ist mit vielen Gefühlen verbunden , die seine neue Selbstständigkeit betreffen. Aber auch für mich wird sich da wieder viel tun. Nach zwei Jahren Mamapause darf ich mich wieder in die Arbeit stürzen. Und da taucht für mich die Frage aller Fragen auf. Zurück ins Alte, oder den Schritt in was Neues wagen. Und ist das Neue etwas Vertrautes, oder hat mich meine Zeit als Mama so verändert, dass auch meine berufliche Perspektive sich geändert hat?
Ich denke da an L., sie ist in ihren alten Job zurückgegangen, merkt aber, dass sie trotz geringerem Stundenausmaßes mit dem was sie bisher gemacht hat, nicht glücklich ist. Klar, den Job macht sie weiter, als Alleinerzieherin hat sie nicht die Wahl, aber in ihrem Kopf reifen Pläne sich umzuorientieren. Wenns Kind dann mal größer ist.
Ich habe noch eine Bildungskarenz bis Dezember, aber spätestens dann muss ich mich entscheiden. Kürzlich habe ich meine berufliche Laufbahn mal Revue passieren lassen. Und das Resüme hat mich nachdenklich gestimmt. Von 20 Arbeitsjahren war ich etwa 15 nicht wirklich glücklich in meinem Job. Ich habe gearbeitet, weil man das so macht, weil man damit Geld verdient, aber nicht umsonst habe ich immer wieder mal Dienstgeber gewechselt, immer in der Hoffnung das es dann anders ist. Diese 15 Jahre waren hauptsächlich Administrationjobs in Büros. Nett, überschaubar, von neun bis fünf, sogar mal mit Bonuszahlungen. Aber all das konnte mich nicht trösten. Ich saß da an meinen Schreibtischen, tippelte Zeug in den Computer und spürte die zischende Schlange, die mir immer wieder zuwisperte, „ist das was du willst?“.
Mittlerweile weiß ich, dass wir in unserer beruflichen Laufbahn nicht nur mehr einen Weg gehen. Einen Dienstgeber für zwanzig Jahre zu haben ist selten, es ist okay geworden, sich das beste aus den Jobs zu holen und dann zu wechseln. All diese Jobs prägen uns dann in unserem weiteren Weg. Und geben jedem ein ganz eigenes Puzzle an Qualifikationen mit.
Und dann ist da noch das Muttersein. Ich spüre es hat mir auch eine ganz eigene Kraft gegeben. Vielleicht hat mich die sogar mein Kind gelehrt. Jeder Tag ist eine neue Möglichkeit zu lachen, zu weinen, etwas neues in der Welt zu erobern, für Kinder gibt es keine Kompromisse (was so manchmal deren Eltern an die Grenze bringt). Ich werde natürlich arbeiten, aber ich werde das tun was ich gerne mache. Was hilft mir der bestbezahlteste Job wenn ich in eine Krise schlittere. Arbeit soll doch auch Freude machen. Soll uns anspornen das Beste zu geben.
Und so ist der Krippenstart nicht nur für meinen kleinen Prinz etwas Neues, etwas das er noch nicht kennt. Wir werden uns beide erst orientieren müssen, herausfinden was uns gut tut, und was nicht, und im besten Fall werden wir dann jede Menge Spaß haben, da wo wir sind.