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Geburt, das Wunder beginnt

on 25. Januar 2017

Neulich sah ich auf einer social media plattform ein Interview mit einer Celebrity, die über ihre Trennung und die vorgegangene Geburt ihres eineinhalbjährigen berichtete. Für sie war die Geburt mitunter der Grund, warum sie sich von ihrem Partner entfremdete, entblößt fühlte, und nicht mehr als Frau sichtbar. Ich kann dem nicht zustimmen. Für mich war die Geburt meines Kindes das einzigartigste Erlebnis, dass ich mir nie hätte vorstellen können.

Neun Monate hatte ich unser Kind im Bauch. Ich wusste nicht was mich erwarten würde, er ist mein erstes Kind, und ich konnte mir nur zusammenreimen, was zwischen den Zeilen von Vorbereitungskursen und der Erzählung anderer Frauen lag.
Glücklicherweise ist die Geburt nichts was wir verstehen müssen, oder können. Und glücklicherweise wissen wir nicht wirklich, was uns erwartet, das war das erste was ich meiner Schwester kurz nach der Entbindung sagte. Aber die Erinnerung verblasst schnell, denn die Natur hat uns mit einem einzigartigen Schutzmechanismus ausgestattet, und man vergisst innerhalb kürzester Zeit die Schmerzen, Zustände, und fast alle Gefühle die in Verbindung mit diesem fast unwirklichem Vorgang sind.
In meiner Erinnerung blieb mir aber das „wilde Weib“. Etwas dass mich dazu gebracht hat, nicht mehr zu denken, nur zu tun, mich dem hinzugeben was der Moment ist. Anfangs wollte ich noch atmen, steuern, mitdenken, bis ich merkte, dass ich es nur schlimmer machte mit meinen Gedanken, und ich nur das tun sollte, was mein Körper mir sagt. Mein Kind und ich steuerten den Geburtsvorgang, wir waren eins. Und ich bin zutiefst dankbar, dass der Vater meines Kindes bei der Geburt dabei war. Uns hat dieses Erlebnis weniger getrennt, als vielmehr verbunden. Er konnte mich halten, er war da, er wich  nicht von meiner Seite, bis der Kleine da war. Ich hätte ihn auch gar nicht gehen lassen können, es war unsere gemeinsame Kraft die mir half. Ich hatte einen vorzeitigen Blasensprung, und als 24 Stunden später die Wehen eingeleitet wurden, ging es Schlag auf Schlag. Ich habe mir sagen lassen, dass eingleitete Wehen häufig in schnelleren Sequenzen ablaufen. Ich weiß es nicht, nur das weiß ich noch, ich hatte das Gefühl sechs Stunden durchgehend nur Wehen zu haben. Ich dachte an den Rat der Geburtsvorbereiterin und begann zu tönen. Einfach Töne aus mir raus, ohne nachzudenken, OHM, HI, HA whatever works!  Mit keiner Minute hatte ich Zeit darüber nachzudenken, ob ich nun gut aussehe oder nicht. Oder ob mein Partner mich so empfindet. Oder ob ich vielleicht zu laut wäre.

Wenn ich einen Rat an Frauen habe, die vielleicht gemischte Gefühle vor der Geburt haben, dann wäre es „Lass dich ein“. Mit allen Sinnen, hör auf nachzudenken, vergiss was um dich ist (es wird vermutlich gar nicht anders gehen). Lass dir auf keinen Fall einreden wie du zu liegen, sitzen, stehen hast. Eine Hebamme wird dir helfen, aber sie hilft dir nur, soweit du unklar bist. Lass dich fallen, erlaube deinem Partner Stärke zu zeigen und dich zu halten. Lass ihn dich als Frau erleben, in einer Kraft, die ihr nie wieder so erleben werdet. Eine Geburt ist das einzigartigste Erlebnis, das zwei Menschen haben können, und es ist tatsächlich eine Urkraft. Erlaube dir diese Energie zu spüren.

In unserer Gesellschaft wird Geburt gern mit Krankheit, mit Krankenhäusern, mit Gefahr verbunden. Geburtshäuser werden eingespart, eine Geburt soll im sterilen Umfeld stattfinden. Seitdem ich an mir selber erlebt habe, welche Kraft eine Geburt in mir freigesetzt hat, muss ich nur milde lächeln, wenn ich das Bild von einer Entbindung in Medien und Gesellschaft wahrnehme. Es ist eine verzerrte Realität, es ist ein krankmachen, wo alles gesund ist. Es ist der Versuch die weibliche Geburtskraft mit männlicher Rationalität zu kategorisieren.  Eine Geburt ist ein Mysterium, dass man erst selber verstehen kann, wenn man es geschafft hat. Ich möchte keine Minute dieser Nacht missen, ich möchte keinen Moment hergeben, und ich bin froh und dankbar, dass mein Partner damals an meiner Seite war, denn wir konnten etwas erleben, dass uns als Familie verbunden hat. Was auch immer wir dann später erlebt haben, die Geburt gemeinsam zu erleben war unter anderem auch der Kit der bis uns bis heute verbindet. Es ist die Erlaubnis sich auf tiefster Ebene zu spüren, verbindender als jeder Moment der flüchtigen Ekstase.

Klar, wir verändern uns als Partner in unseren Rollen und Wahrnehmungen, wenn wir Eltern werden. Aber für mich ist der ehrlichste Beginn der Elternschaft, gemeinsam eine Geburt zu erleben, um zu verstehen, dass jetzt wirklich alles anders ist. Denn da ist dieses Wesen für das man gemeinsam Verantwortung übernommen hat, dass man gemeinsam auf die Welt geholt hat.

Es ist das Wunder der Geburt. Und es ist das Wunder des Lebens dass wir mit jedem Atemzug schützen.

 

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