Als ich Birdiesworld gestartet habe, hatte ich keinen Plan. Ich wollte einfach meine Geschichte erzählen. Als ich im Sept 15 zu schreiben begann, war ich also so blauäugig wie ich nur sein konnte, wenn man mit etwas gänzlich Neuem beginnt.
Meine ernsthaften Bemühungen den Blog regelmässig zu befüllen, begannen mit Februar 2016, daher empfinde ich dieses Datum als tatsächliches Jubiläum. Ich begann von der “Bloggerin” zur “Mama- und Reisebloggerin” umzusatteln, in der Hoffnung durch Spezialisierung mehr LeserInnen anzusprechen. Mir war damals immer noch nicht klar, was es wirklich für mich bedeuten würde zu bloggen. Denn es ist mehr als ein aufwendiges Hobby. Und es ist eine ständige Gratwanderung der Selbstdarstellung und Wahrung der Privatsphäre. Der Beitrag von der Bloggerin MINIANDME beschreibt dieses Thema sehr treffend wenn es um das Abstecken von Grenzen geht,
http://www.mini-and-me.com/von-den-dingen-zu-denen-wir-nein-sagen-wie-privat-ist-zu-privat/
Dieselbe Erfahrung mache ich bei jedem Artikel den ich schreibe, bei jedem Foto/Video dass ich teile, ich überlege mir häufig, was kann ich den Leser wissen lassen, was ist privat, wo ist die persönliche Grenze meine Erlebnisse zu teilen?
Mit zunehmender Beschäftigung mit dem Thema wurde mir klar, bloggen ist nicht nur, etwas von sich zu erzählen, und die Gratwanderung zwischen persönlicher und öffentlicher Person zu begehen, es ist vor allem netzwerken, programmieren von fancy Seiten, Bilder bearbeiten, und sonstwas für Suchmaschinenoptimierungen. Ich kann das übrigens immer noch nicht gut. Weil ich nach wie vor einfach nur meine Geschichten erzählen will. Vielleicht auch um anderen zu helfen, um zu zeigen, dass so manche verzweifelte Situation sich ins Gute bessern kann. Wenn ich zurück denke an meine ersten Artikel, es mag vielleicht nicht so sichtbar gewesen sein, aber es war eines meiner schwersten Jahre. Ich musste 2015 so viele Entscheidungen treffen, die zwar für mein Kind und mich gut waren, aber in erster Linie für meine Partnerschaft und mein Leben im schillernden Wien abträglich. Ich ging durch eine katastrophale Trennung, begann in der Steiermark vollkommen neu, ohne Freunde, nur mit meiner Familie im Hintergrund. Und jetzt, eineinhalb Jahre später, geht es mir wieder gut. Ich habe eine perfekte Wohnung für den Kleinen und mich, ich habe endlich wieder ein gutes Verhältnis zu seinem Vater und vertraue ihm wieder, ich habe durch das Bloggen entdeckt, wie gerne ich schreibe, und wie viele Ideen und Projekte sich nun durchs Schreiben ausdrücken wollen.
Manchmal verzweifel ich aber dann doch an diesem Blog. Frage mich wie lange ich noch auf “Erfolg” warten muss, und wie viel Geld mir das alles kosten wird? Ich frage mich ob ich so schlecht schreibe, und andere mit vielfach höheren Leserzahlen so viel besser? Und wie ich das alles unter einen Hut bringen soll. Eine gute Mutter sein, für mein Kind sorgen, einen Job finden der gut genug bezahlt ist damit es uns gut geht, Haushalt, Beziehung, Zeit für mich, meine Projekte und Visionen, und dann noch meinen Blog relaunchen, Zeit und Geld in Kurse investieren die mir beibringen wie ich Leser anziehen, wie ich google analytics verwende und Suchmaschinenoptimierung und was weiß ich was. Vielleicht ist dieser wirtschaftliche Aspekt ja eines der Dinge die besser transparenter wären beim Bloggen. Wann ist man soweit davon zu leben? Und wie soll das möglich sein? Ich finde es ja toll wenn jemand davon leben kann, ich kritisiere ja auch keinen Journalist, dass er von Berichterstattung lebt. Aber würden die “Berufsblogger” sich als solche definieren, würde vielleicht von den “Freizeitbloggern” der Druck abfallen, ständig noch mehr an Leserschaft zu akquirieren und wir würden uns einfach freuen über das was wir haben. Klar, wenn ich eine passende Kooperation bekomme, dann nehm ich die auch gerne an. Aber BloggerInnen sind nicht dazu verpflichtet immer alles ins bessere Licht zu rücken. Sie erzählen ihre Perspektive auf die Dinge.
Und dann gibt es Artikel, die da meinen BloggerInnen wären Bussitussis, die eigentlich nur einen aufwendigen Lifestyle haben,
http://derstandard.at/2000051436616/Warum-der-Mama-Kind-Lifestyle-boomt.
Bei den Kommentaren zu diesem Artikel fand ich auch noch eine interessante Aussage, die besagte, Mamabloggerinnen wären Egoisten, und Kinderkriegen sowieso egoistisch. Es mag sein, dass ich mich mit meinem Blog präsentiere, dass ich etwas von mir erzähle, von meiner Reise als Mama, als Frau. Aber egoistisch und Kinder kriegen, das passt für mich nicht zusammen. Denn ich habe in meinem Leben schon viele Sachen nur für mich gemacht, aber mein Kind zu bekommen war und ist ein Commitment zu tausend Prozent mein Leben für das Leben meines Kindes zurückzustellen. Und dass betrifft auch meinen Blog. Wenn mein Kind krank ist, mit mir spielt oder mich einfach braucht, kein Blog der Welt wird mich davon abhalten mein Kind an erste Stelle zu stellen.
BloggerInnen sind Selbstdarsteller. Ja. Aber wir gehen nicht über die Grenzen anderer Menschen. Mag sein, dass wir mal unsere eigenen ordentlich belasten. Aber wieso muss denn ständig alles in gut und böse kategorisiert werden? Kann man nicht einfach mal etwas machen, dass man gern macht, schreiben oder schöne Bilder teilen, und das mit der Welt teilen. Wir zwingen ja keinen unsere Posts zu lesen, wir halten niemanden die Pistole an die Brust und sagen er muss unsere Instagramaccount durchforsten. Wir erzählen unsere Perspektive. Gewähren Einblicke in eine private Welt, aber eben nur so weit jeder das für sich selber definiert hat. Bei mir wirst du beispielsweise nie das Gesicht meines Kindes sehen. Das ist etwas was ich anfangs seinem Vater zuliebe eingehalten habe, aber jetzt mit zunehmender Beschäftigung mit dem Thema finde ich es für meinen Blog passend. Ja, ich habe ein Kind, und ja ich schreibe über den Alltag mit ihm, aber er soll eines Tages selber bestimmen dürfen, wie weit er sich in welchen Medien präsentiert. Aber auch das ist etwas was jede/r BloggerIn selber bestimmen muss. Und wenn Eltern ihre Kinder als Werbetestemonial für eine Supermarktkette verwursten, sagt ja auch keiner was, also warum ist das Bild des Kindes eine/r BloggerIn so viel privater?
Das einzige was ich tagtäglich in Bezug auf meinen Blog gedanklich abwägen muss, ist dieser unheimliche Druck eine “gute Story”, ein “gutes Bild” zu teilen. Durch diese gesamte social media Maschinerie die da dran hängt, ist man ständig damit beschäftigt zu überlegen, wie man noch mehr Leser bekommt. Und das fiese ist, man hört die Geschichten von Menschen die von ihren Blogs leben, aber man hat keine Ahnung wie man jemals dahin kommen soll. Es ist als ob man wie ein Lachs ständig gegen den Strom schwimmt, man versucht das richtige zu tun, aber die Widerstände scheinen unüberwindbar. Als Anfängerin ist man so schnell entmutigt, weil man nur Erfolgsgeschichten hört, und ich war in den letzten Monaten mehr als einmal bereit alles hinzuschmeißen. “Wozu das ganze, damit mich Familie und Freunde nur belächeln, und eh keiner meine Posts liest” das war nicht nur einmal mein Gedanke. Aber dann lässt es mich nicht los, das Erzählen von Geschichten, das Teilen von Erfahrungen, Erlebnissen. Und es ist nicht nur meine Geschichte die ich erzähle, es sind auch Geschichten die wir teilen, es sind andere BloggerInnen die ihre Erfahrungen teilen, denen man im Laufe seines eigenen Blogs begegnet, wie zum Beispiel die Bloggerin LIMALISOY die sich auch mit Themen rund um die elterliche Psyche beschäftigt,
http://limalisoy.de/mit-kindern-ueber-depressionen-reden/ .
Und so komm ich am Ende meines “Bambi”jahres zum Schluss, dass bloggen Sinn macht. Denn wenn nur einer eine Geschichte liest, die ihm oder ihr das Gefühl gibt “es ist okay”, dann hat der/die BloggerIn schon etwas bewegt. Und dann ist es okay zwischendrin auch mal schöne Bilder zu posten, und oberflächliche Themen zu behandeln, weil ganz ehrlich, Probleme hat jeder selber genug, da wollen wir nicht die ganze Zeit darüber lesen. Und was meine Rolle als “Mamabloggerin” betrifft, versuche ich gelassener damit umzugehen, denn ich weiß selber ganz gut wer ich bin, und was ich kann. Wenn es anderen hilft mich als Bussitussi zu kategorisieren, dann ist es ihr Thema. Ich weiß, dass mein jetziges Thema mein Kind, meine Rolle als Mama ist, und darüber schreibe ich. Kann gut sein, dass das in zehn Jahren nicht mehr so dringlich ist, dann wird sich mein Blog mit mir verändern, aber das ist ja das schöne beim Bloggen, es wird einem nie langweilig. Weder als Leser, noch als Autorin;).