Es ist fast 10 Jahre her, dass ich bei einer österreichischen Airline als Flugbegleiterin gekündigt habe. Ich war etwas über drei Jahre im Job, zweieinhalb davon auf der Langstrecke. Noch heute träume ich manchmal vom Dispatch, wo ich mein Firmenpostfach hatte, sehe vor meinem inneren Auge die langen Gänge des Bürogebäudes, die Umkleiden, die Räume wo sich die Crew zum Briefing getroffen hat.
Flugbegleiterin war mein Traumjob, seitdem ich klein war. Dass ich mit 25 dann endlich in den Flugbetrieb eingstiegen bin, war eine Verkettung glücklicher Fügungen. Ich hatte jahrelang Bewerbungen geschickt, und keine Einladung bekommen. Dann gab es einen großen Bedarf an FlugbegleiterInnen für die Zusammenlegung zweier österreichischer Airlines und meine Chance war da. Ich sah in der Zeitung eine Ausschreibung für ein „open Assessment“ das hieß, jeder konnte kommen, der meinte er oder sie erfülle die Kriterien. Damals gingen alle Projekte und Jobsuchen bei mir nach hinten los. Ich hatte mich getrennt, lebte in einer WG, und war in ein anderes Bundesland gezogen, auf der Suche nach Ziel und Sinn in meinem Leben. Zu dem Assessement ging ich nur, weil ich schon eine Art Galgenhumor entwickelt hatte, von wegen, „mehr als schiefgehen kanns ja nicht“. Ich kam durch die erste Runde, ein allgemeiner Wissenstest. Ich kam durch die nächste Runde, und immer kleiner wurden die Kreise. Von Runde zu Runde gingen weitere Bewerber. Ich war immer noch dabei. Allein beim spanisch“test“ in bezug auf die zweite lebende Fremdsprache scheiterte ich kläglich, und machte mir keine großen Hoffungen mehr. Und doch – am Ende des Bewerbungsverfahrens hatte ich den Job! Ich erinnere mich noch, in meinem Hirn war Durchzugsverkehr, Freude und Aufregung gaben sich die die Hand, abwechselnd hatte ich Angst vor allem Neuem und dann war ich wieder glücklich, endlich etwas erreicht zu haben, dass ich mir immer schon gewünscht hatte.
mein Basiskurs bei Austrian, April 2004
Meine Ausbildung
Um FlugbegleiterIn zu werden, musste ich einmal einen sechswöchigen Kurs im Bereich Sicherheit, Service, Emergencies usw absolvieren. Diese sechs Wochen waren lerntechnisch die härtesten meines Lebens. Ich war nie eine fleißige Schülerin, aber wenn man nicht gleich mitlernte, war man verloren. Täglich kam etwas Neues dazu, und alles ist wichtig. Klar, es waren auch lustige Sachen dabei, wie zum Beispiel eine Stylingberatung, aber auch viele Notfalltrainings, die im Ernstfall einfach beherrscht werden müssen. Wir mussten alle worst case Szenarien kennen, die Flugzeug und Equipment im Schlaf, und ebenso den Emergencydrill. Aber das ist nur mehr als verständlich, denn nur so konnte die Luftfahrt zu einem der sichersten Verkehrsmittel unserer Gesellschaft werden. Indem aus vergangenen Fehlern gelernt wurde, und das Personal gut geschult ist. Ich tat mir schwer mit dem Kurs. Zwar verfüge ich über die soziale Kompetenz gut mit Menschen zu arbeiten, aber ich hatte immer vermieden, mich mit Worst Case Szenarien auseinander zu setzen . Heute bin ich endlos froh, dass ich in meinem Kurs Menschen hatte, die mir halfen diesen Drill auszuhalten, und weiterzumachen, denn nur so konnte ich dann schlussendlich meinen Traumjob starten.
Ein seltener Blick ins Cockpit
Bei meinem ersten Flug hörte ich mein Herz bis in die Ohren schlagen. Glücklicherweise hatten wir eine Art „Einschulungszeit“ mit eine/r erfahrenden KollegIn und so lernten wir die richtigen Kniffe und Tricks wie man schnell und gut arbeitet. Wie man eine gute Mise en place macht, was besonders wichtig beim security check des Flugzeuges wichtig ist und derlei Dinge. Viele Dinge im Flugbetrieb beruhen auf guter Vorbereitung und Vorausschau. Etwas, dass ich dort erst lernen konnte. Genauso wie sich innerhalb eines Umlaufs auf eine total neue Crew einzustellen. Natürlich flog man schon mal mit denselben Leuten, aber tendzenziell war jeder neue Flug ein neues Team mit dem man arbeiten konnte. Das hatte Vorteile, und auch Nachteile, wie immer, wenn man mit neuen Leuten arbeitet.
Karriere als FlugbegleiterIn
Nach etwa einem halben Jahr konnte ich schon das „upgrade“ meiner Flugbegleiterinnen Karriere machen, und kam auf die Langstrecke. Einen Kurs später konnte ich mit meinen Gästen die Welt erkunden, und war gespannt was da alles kommen würde. In der Realtität war es aber mehr harte Arbeit als es einem „catch me if you can“ suggeriert. 24 Stunden Aufenthalt, in New York, Dehli oder Bangkok. Fliegen in der Nacht, schlafen, wenn in der Heimat Tag ist, fremde Kulturen, Gerüche, und Lebensbedingungen. Zuhause ein Leben aufbauen, während man in seinem Job ein „glamoröses“ Leben als Weltenreisende lebt. Erst Jahre später merkte ich, dass ich in dem Job als Hochsensible mehr von mir verlangt habe, als mir möglich war.
Es war bereichernd, inspirierend und schillernd, aber auch der härteste Job den ich je gemacht habe. Es ist verständlich, dass es Alternslimits für Neuaufnahmen gibt, denn gerade Anfangs ist es eine körperliche und auch seelische Belastungsprobe. Und so war es nicht weiter verwunderlich, dass ich nach etwa zwei Jahren mit Problemen zu kämpfen hatte. Jede Verkühlung war eine Nebenhöhlenentzündung, und ich hatte auf den Händen und am Hals allergische Ekzeme die nicht weg gingen. Aber ich wollte einfach nicht aufhören. Zu sehr liebte ich das Reisen, den Moment, wenn wir auf den Wolken flogen und die wie eine weiche Decke unter uns lagen. Ich beschäftige mich indem ich mich weiterbildete, und ein Training im Bereich „CISM“ machte, um anderen FlugbegleiterInnen im Notfall ein Peer (also eine unterstützende Person nach einem Emergency) sein zu können. Eigenartig nur, dass ich das für mich dann nicht in Anspruch nahm um eine Krise zu bewäligen, die mir dann in Bangkok unterkam.
Der Punkt an dem ich meinen Traumjob an den Nagel hing, war zu dem Zeitpunkt erreicht, als ich mit einer Panikattacke im Hotelzimmer lag, nachdem mein thailändischer Taxifahrer am Weg zum Hotel einen Hund überfahren und noch ewig mitgeschliffen hatte. Noch nie hatte ich mich so alleine gefühlt. Um mich zu beruhigen ging ich in die Lobby wo ich meine „senior“chefin der Langstrecke vorfand. Sie erkannte schnell was mit mir los war, sprach mit mir, kümmerte sich wie eine Mutter um mich, und gab mir aus ihrem travelmedizinkit ein sehr starkes Beruhigensmittel. Der folgende Tag war im im Nebel. Aber hängen blieb die Angst. Klar, ich hätte bleiben können, Teilzeit gehen, Urlaub nehmen, einen/n Peer anfordern, aber es war in dem Moment zuviel. Ich suchte mir etwas neues. Dachte ein „sicherer“ Job in einer Bank würde mir helfen mich besser zu fühlen. Ich hatte ja schon was „gscheites“ gelernt. Aber es war nur ein weiterer Weg im Berufspuzzle meines Lebens. Danach kamen weitere Bürojobs und ein Studium für Pädagogik.
Und von allen Berufen die ich in meinen letzten zwanzig Jahren gemacht habe, war das der Aufregenste, Anstregenste und Schönste. Niemals werde ich die Wolken vergessen, auf denen wir flogen. Die ungezählten Sonnenauf- und untergänge. In New York zu flanieren, Dehli zu spüren und zu riechen, die bunten Farben von Bangkogs Märkten. Aus einem Nebel zu fliegen, und in der Sonne zu landen. Nicht nur Fluggäste zu haben, sondern während eines langen Fluges wirklich Gäste zu haben. Sie abzuholen nach einer langen Reise, und für sie der erste Repräsentant von Heimat zu sein.
Es war schön. Es hat mich wirklich sehr gefreut. Und es ist Blut, Schweiß und Tränen, und gleichermaßen Sternenstaub, Meeresrauschen und die Skyline von New York.
Wenn du überlegst ob du es machst „just do it“, der Sporthersteller hat den Slogan nicht umsonst. Aber es ist wichtig, dass du schon irgendeine Form von Ausbildung als Back Up hast, es kann der Zeitpunkt kommen, wo es nicht mehr geht. Und dann hast du immerhin eine Zeitlang in den Wolken gelebt;)!
Sollten sich für dich noch weitere Fragen ergeben, stell sie gerne hier in den Kommentaren, oder auf meiner FB Seite Birdiesworld. Gerne stehe ich dir mir Rat zur Seite.