Aus Angst vorm Sterben vergessen wir zu leben.

on 13. April 2020
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Gerade war Ostern. In allen Zeitungen und Medien wurde groß darum gebeten die Verwandten nicht zu besuchen, weil wir ja aufeinander achten. Für uns speziell hart. In meiner Familie ist Ostern und die Karwoche seit 25 Jahren eine spezielle Zeit. Vor einem Vierteljahrhundert ist meine Mutter gestorben. Warum ich diese doch persönliche Geschichte mit euch teile? Weil mir wichtig ist, dass Menschen verstehen wie kostbar ihr Leben ist, und dass sie es nicht kontrollieren können, und deswegen besser aus vollem Herzen leben. Also Ostern 1995 …

Meine Mutter kam ins Krankenhaus, nachdem sie wochenlang mit dem Atem gerungen, keine Luft mehr bekommen hatte. Wir alle wussten nicht wie es um sie stand, am allerwenigsten sie selber. Wir alle dachten das Leben ist nur endlich, wenn wir alt sind. Früh sterben, gab es für uns nicht. Gesegnet waren wir. Und doch starb meine Mutter an den Folgen einer verschleppten Grippe(Influenza), an einer Lungenembolie. Und auch an den Folgen eines Gesundheitssystems, das gerne in Kategorien unterteilt, weibliche Symptome gleich deutet wie männliche, und Übergewicht als Faulheit kategorisiert. Sie erlebte nie ihre Enkel, niemals was ihre Kinder für Berufe ergriffen, wen sie heirateten, wohin ihre Wege gingen. Daher, Ostern ist für uns zutiefst emotional. Und in einer Zeit wo viele Eiersuchen und Osterdekoration im Zentrum sehen geht es bei uns darum die Erinnerung an unsere Mutter aufrecht zu erhalten die wie über alles geliebt haben. Dieses Verbot die eigene Familie zu sehen war anfangs nicht schwierig für mich, aber nachdem die Feiertage vorbei sind, fehlt dieses Jahr etwas, der gemeinsame Halt, die unausgesprochene Erinnerung. Tief in mir bleibt jedoch das Wissen, dass in uns die Liebe unserer Eltern weiterlebt. Und dass in jeder liebevollen, wertschätzenden und weltoffenen Handlung meine Mutter weiterlebt. In uns und durch uns weiter.

Durch diesen Verlust habe ich aber auch gelernt, was mir in der Zeit von sozialer Isolation, Maskenpflicht und Lockdown hilft. Unser Leben ist endlich, für uns alle. Jederzeit. Und egal welche Grippe, welcher Virus uns “bedroht”, die Gefahr zu sterben ist ab der Empfängnis in unseren sterblichen Körpern enthalten. Ich weiß, dass es morgen, sogar heute noch vorbei sein kann. Ich weiß, dass nichts hier für immer ist, und ich bin überzeugt davon, dass nach meinem Tod mein Körper geht, aber die Seele unendlich ist. Ich weiß das, weil ich meine Mutter nach so viel Jahren noch immer vermisse, und mich oft frage was sie mir raten würde wenn ich in meinem Leben wiedermal nach Antworten suche.

Dieses Corona in Europa 2020, es wird uns noch länger begleiten, ähnlich wie die Influenza, es wird in unserem Leben sein. Wir werden lernen müssen damit zu leben. Das beste aus unserem Leben zu machen, und nicht in ständiger Angst vor anderen Menschen zu leben. Es verändert weltweit. Nicht nur in Europa. Oft sagen Menschen zu mir, “wenn es dann vorbei ist” und ich kann nur sagen, es wird nicht vorbei sein, denn dieser Virus ist in unserer Welt, und wir werden lernen müssen damit umzugehen. Genauso wie wir mit dem Influenza Virus, tödlichen Krankheiten, HIV, Typhus, Ebola und sonstigen Sachen umgehen lernen müssen. Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht alles kontrollieren können, schon gar nicht das Leben. Und je schneller desto besser, denn unser Leben kann nicht jahrelang in Isolation geführt werden. Soziale Isolation schwächt unser Immunsystem, macht uns hart, einsam und bitter, und ist alles andere als gesund.

Ich kann die shut down Maßnahmen jetzt akzeptieren, als Mittel zur Verlangsamung eines plötzlich auftretenden Virus. Ich kann mich auch dran halten, was ich nicht kann, oder will, ist mich von der Angst beherrschen lassen.

Überlassen wir die Angst und Verzweiflung doch denjenigen die mit einer tatsächlich tödlichen Erkrankung zu kämpfen haben, oder die jemand Nahestehenden verloren haben. Denn diejenigen brauchen dann unsere positive Kraft, unsere Hoffnung, unser Weitermachen, das an die Liebe und Leben glauben, damit sie irgendwann wieder hoffen können.

Wenn du also deine Familie, Freunde, Menschen um dich liebst, verbreite Liebe und Hoffnung, damit hast du mehr getan als mit Angst und Schuld. Leben und Tod gehören zusammen, und das einzige was uns am Leben hält ist Hoffnung und Liebe. Und diesem Pärchen, Hoffnung und Liebe, sind wir schuldig, und in der Pflicht, mit dieser Welt zu teilen.

In Liebe, eure Katharina

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2 Comments

  • Francesca

    Liebe Katharina,
    danke fürs Teilen. Ich kannte die Geschichte nicht in Details. Deine Worte haben mich daran erinnert, dass wir an das Gute denken müssen, weil das Schlimmste sowieso von selbst kommt. Hier und jetzt.

    16. April 2020 at 13:13 Reply
    • Birdie

      Liebe Francesca, danke für dein Kommentar, ja das hier und jetzt ist was zählt, ich schick dir viele Baci nach Wien 🙂

      17. April 2020 at 23:06 Reply

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